Wolfgang Höbel ist mir nicht näher bekannt. Vielleicht sollte er es sein, vielleicht auch nicht. Jedenfalls schaffte er es anläßlich des aller Voraussicht nach leider nur vorübergehenden Abschiedes des Herrn Pocher von der ARD mit mindestens einem Artikel, ähm…, Verzeihung, vielmehr mit einer
in den SPIEGEL, naja, zumindest zu SPIEGEL ONLINE.
Richtig.
Eine Hymne.
Auf Oliver Pocher.
Und ich frage mich, wieviel Abstumpfung, geistiger Verrohung und Verwesung es bedarf, um diese Kombination in einem einzigen Artikel erscheinen zu lassen und dann auch so zu meinen? Ob ich auch jemals in einen solchen Zustand geistiger Verdunkelung versinke? Ich habe begründete Zweifel daran. So alt kann man doch gar nicht werden! So schnell kann Demenz gar nicht voranschreiten! Und eigentlich sollte ein gesunder Mensch auch hoffen, einen solchen Zustand nie zu erreichen.
Andererseits: Lebt man vielleicht besser in dieser Welt, nimmt sie leichter, erträgt sie gelassener, wenn man geistig in der Lage ist, dem Appendix der intellektuell verbrämten Klärgrube des deutschen Humors eine Hymne zu schreiben? Nach dem Motto: Wie es aus dem Wald herausschallt, so rufe ich hinein? Wenn man also nicht vor Scham, wenn schon nicht vor Ekel, doch wenigstens vor Scham, im Erdboden versinkt? Wenn nichts mehr peinlich ist, es sei denn, es ist nicht peinlich? Lebt man dann besser?
Wie erträgt man Harald Schmidt? Wenn man ihn schon im Fernsehen nicht ertragen kann, wie dann leibhaftig? Und wie mehrfach hintereinander? Und Herr Höbel mußte sich beiden (zusammen!) mindestens mehrere Minuten aussetzen, also ein Karl-Eduard-von-Schnitz mal viele Dutzend! Erinnern Sie sich? Das ist eine frühere Jahresdosis! Bedarf es dafür einer Vorschädigung, eines besonderen Talentes sozusagen? Oliver Pocher erreicht dieses Pensum bekanntlich ganz leicht. Und das war absehbar, da er sich schon so lange selbst überlebt hatte, mußte seine Robustheit eine fulminant gute sein! Darum hatte man ihn schließlich ausgesucht. Sie müssen berücksichtigen, daß Pocher sich 24 Stunden täglich ausgesetzt ist! Und er lebt und ist so vital, daß er vor einer Kamera herumlaufen, stammeln und Fratzen zeigen kann! Bei dieser Robustheit erträgt man stundenweise Harald Schmidt mit links!
Vielleicht ist das der Grund für die Hymne? Um das herauszufinden, müßte ich diese ja erst lesen. Und ich kann mich dazu nicht überwinden, ich will das auch nicht. Mir reicht bereits das der Hymne beigesellte Photo, um Übertragungswege zu fürchten.
Da Sie gerade im Aufbruch sind, Herr Pocher, und ich Ihnen, wie Sie vielleicht noch wissen, nicht zu nahe treten will: Nehmen Sie doch Ihren Harald gleich mit!
Und bleiben Sie, wo immer Sie auch bleiben möchten, Indien soll schön sein, und der Pfeffer wächst auch gleich da, nur bitte jenseits der deutschen Öffentlichkeit!
Dann lese ich zwar immer noch nicht Höbels Hymne auf Sie, aber dann schreibe ich Ihnen eine! Eine ehrlich gemeinte, die ich in den Wald hineinbrüllen werde! Voller Ernst und dennoch voller Freude! Und voller rülpsendem Stummeldeutsch, kein Satz länger als ein halber, damit Sie es auch verstehen, Herr Pocher!
Versprochen.
Kommentar von Sebastian Peitsch (anonym) — Samstag, den 31. Mai 2008 @ 7:42 Uhr
Ihre Nachfrage hat mir dann genug Antrieb gegeben, mal den Umzug abzuschließen. Hat irgendwo auch lang genug gedauert, aber die paar hundert aufgelaufenen Mails durchlesen, die ich in der Zwischenzeit bekam, schien irgendwie wichtiger :-)
Kommentar von Hausherr — Samstag, den 31. Mai 2008 @ 21:21 Uhr
Mit einem Gegenbesuch Ihrerseits hatte ich gar nicht gerechnet, um so mehr freue ich mich darüber. Nach einem ersten Blick auf Ihre Website ist mir klar, daß ich häufiger mal vorbeischauen werde. Bei soviel mir unverständlichem, technischem Kauderwelsch über die Tücken der Moderne hilft wohl nur häufiges Nachlesen. Außerdem ist Ihre Website umfassender, als ich es erwartet hätte. Für deren Erschließung durch mich werde ich Zeit benötigen. Schon das Thema Raumfahrt reizt mich ungemein, da weiß ich immer viel zuwenig. Also, vielen Dank! Und daß ich der letzte Anstoß für Sie gewesen bin, ehrt mich ungeahnterweise.
Kommentar von Gregor Keuschnig — Montag, den 9. Juni 2008 @ 8:50 Uhr
Naja, ich habe die Hymne jetzt gelesen (weil ich schlecht über etwas schreiben kann, was man nicht gelesen hat) und stelle fest – soooo schlimm ist’s doch gar nicht. In vielem hat Höbel sogar fast Recht, obwohl sein Beitrag natürlich letztlich nur einem umfassenden medialen Zyklus Nahrung gibt, der ungefähr so geht:
X bejubeln = Geheimtip -> weiter jubeln = Feuilleton -> X ist „angekommen“ -> kritisieren -> ‚runterreden -> abhalftern -> Comeback -> feststellen, dass X seiner Zeit weit voraus war -> Kultstatus verleihen.
Pocher ist ungefähr zwischen „angekommen“ und „kritisieren“. Höbels Artikel ist nur ein Mosaiksteinchen. Im Prinzip geht’s runter mit Pocher. Schmidt zieht sich sicherlich bald zurück. Dann bleibt nur „Scheibenwischer“. Und hierüber habe ich schon lange nicht mehr gelacht. Und auch schon lange nicht mehr aufgeregt. Das ist wirklich langweilig.
Kommentar von Hausherr — Dienstag, den 10. Juni 2008 @ 1:30 Uhr
Angesichts Ihres Kommentars tauchte kurz die Überlegung auf, die Hymne doch noch zu lesen. Wenn Sie sich das antun konnten und geistig gesund blieben, dann sollte mir das auch gelingen. Ich klickte vorher nochmal auf das Photo, und das Thema war durch.
Den Zyklus haben sie sehr treffend geschildert. Mir stellt sich nur immer wieder die Frage, findet sich kein Clown, der diesen Zirkus auch wert ist? Ich bin mir sicher, es muß ihn geben! Oder auch eine „sie“, von mir aus.
Und wenn schon kein Clown, warum treibt man diesen Zirkus nicht mit Hagen Rether? So streitbar wie er auch ist, man kann wenigstens über ihn streiten! Man ahnte ja nicht einmal mehr, daß man diese Hirnwindungen noch hat, die dieser anspricht. Das sind beste Voraussetzungen für einen Hype, möchte ich meinen.
Ihre Einschätzung vom „Scheibenwischer“ teile ich. Ich attestiere denen lediglich ein redliches Bemühen, und normalerweise sollte dies ein vernichtendes Urteil sein. Aber es gibt ja Harald Schmidt, es läßt sich also locker untertreffen. Dann lieber bemüht als nicht einmal mehr das. Sollte allerdings ein Pocher dort tatsächlich auftauchen… Nein, das stelle ich mir jetzt einfach nicht vor. Diese Stufe möge er überspringen und nahtlos zur Stufe „abhalftern“ übergehen. Und dort möglichst lange verweilen. Ich hoffe es aufrichtig.
Kommentar von Gregor Keuschnig — Dienstag, den 10. Juni 2008 @ 17:12 Uhr
Hagen Rether ist noch auf Stufe „Geheimtip“ -> man sehe das am „Deutschen Kleinkunstpreis 2008“.
Hypes kommen durch Hypes. Pochers Verbalinjurien gegen eine Dame bei „Wetten, dass…?“ war der Auslöser. Der letzte wirkliche Geniestreich von Harald Schmidt war „Schmidteinander“. Auch hier hat er sich irgendwann mit seinem Partner (Herbert Feuerstein) verkracht; die letzten Sendungen waren nur Krampf. Bei Schmidt & Pocher scheint dieses Stadium erreicht zu sein. Ein ernstzunehmender Kabarettist ist er schon vorher nicht mehr gewesen; das ist aber Hildebrandt seit zehn Jahren auch nicht mehr (eher ein Schatten seines Ruhmes).
Seine „Seele“ hat Schmidt bei Sat.1 verkauft. Die Scherze hatten von da an schon das Niveau eines Männerklubs; mit Andrack wurde das besser, weil der ambitionslos war und dem „Meister“ nicht gefährlich. Ich hab das manchmal gerne gesehen, aber selten – dann konnte man das ertragen. Schmidts wenige, geniale Szenen entschädigten dabei für vieles. Zum Beispiel seine Sendung, die er ausschliesslich in französischer Sprache abhielt.
Kommentar von Hausherr — Donnerstag, den 12. Juni 2008 @ 9:53 Uhr
Und Sie haben also keine Geduld? Soso. Das haben Sie nun hinlänglich widerlegt, denke ich. Diese Mammutaufgabe, die Karriere dieses Mannes so detailliert zu verfolgen, sich zu merken und dann so prägnant auf den Punkt zu bringen, erfordert reichlich Geduld, die ich bei Harald Schmidt nie aufbrachte. Respekt also!
Ich muß aber etwas entschuldigend hinzufügen, daß ich ihn wirklich nie mochte, ihn immer schon sehr unsympathisch fand. Sein, gelegentlich intellektuell aufgehübschter, Kloakenhumor ging und geht mir einfach nur auf die Nerven. So hat sich bei mir recht bald ein Ausschaltreflex eingestellt, sobald er auch nur sekundenweise auf dem Bildschirm auftauchte, der Ton schaltete sich bestenfalls nur noch für Wortfetzen zu. Es kann sehrwohl sein, daß mir folglich tatsächlich die eine oder andere Perle entging. Die mir unvermeidlichen Konfrontationen mit ihm in „freier Stadtbahn“ während seiner Kaufgeregtheit für Karstadt zusammen mit dem Feldbusch (das Feldbusch = Neutrum, im Dativ mit „dem“) haben mich aber in meiner Einschätzung auch nicht wanken lassen. Ihre Worte säen erstmals Zweifel. Sollte ich mich tatsächlich geirrt haben? Ist er also nicht nur ein halbwegs intelligenter Mann, der sich dumm stellt, und das dann als Humor verkauft? War oder ist da mehr? Wenn auch nur manchmal?
Daß Hagen Rether den Deutschen Kleinkunstpreis 2008 erhielt, wußte ich gar nicht. Schande über mich! Ich finde es wirklich sehr erbauend, daß es gehaltvolle Kleinkunst nicht nur noch gibt, sondern sie sogar gewürdigt wird. Hagen Rether ist eine sehr gute Wahl, es gibt sicher noch ein paar andere, die diesen Preis in der Kategorie Kabarett ebenso verdient hätten, aber er allemal auch.
Übrigens, einmal vom Thema ab, ich freue mich sehr, daß Sie nun ein Subskribent meines Blogs sind! Sie sind der erste! Vielen Dank! Das verpflichtet mich schon etwas. Und dazu fällt mir ein, es gelingt mir nicht, Ihren Blog zu abonnieren. Entweder haben Sie diese Möglichkeit deaktiviert, oder ich stelle mich zu dämlich an.
Kommentar von Gregor Keuschnig — Donnerstag, den 12. Juni 2008 @ 11:31 Uhr
Ich weiss nicht, warum das nicht funktioniert. Ich habe Sie jetzt als „Mitglied hinzugefügt“. Das können Sie ja jederzeit ändern…
Kommentar von Hausherr — Freitag, den 13. Juni 2008 @ 6:10 Uhr
Danke! Und ich werde mich hüten…
Kommentar von Gregor Keuschnig — Samstag, den 14. Juni 2008 @ 9:35 Uhr
Ihre Überschriften erscheinen recht merkwürdig, z. B. so:
Buªh beªu¡t DeutÐland
Ich habe IE7…
Kommentar von Hausherr — Samstag, den 14. Juni 2008 @ 16:24 Uhr
Ja, ich weiß, Herr Keuschnig, die Überschriften… Sie sind mir etwas zuvorgekommen. Aber nun habe ich versucht, umfassend dazu Stellung zu nehmen. Und meinen Zorn zu verarbeiten. Es freut mich übrigens, daß Sie es gelesen haben. Es sind ansonsten wohl nicht viele, wie es scheint.